05. Sep 2022
Laut der Studie des Borderstep-Instituts im Auftrag des Digitalverbands Bitkom ging hervor, dass es im Jahr 2020 in Deutschland rund 3000 Rechenzentren mit einer Gesamtleistung von knapp 2088 Megawatt (MW) gab. Dies war ein Plus von 85 % gegenüber dem Jahr 2010. Bis 2025 dürften nochmal 30 % IT-Leistung dazukommen, da aufgrund der voranschreitenden Digitalisierung der Bau von neuen Rechenzentren gefragter denn je wird. Doch Datenwachstum und solch große Rechnerleistungen stellen auch Herausforderungen dar: Wohin mit der Abwärme? Welche technischen Komponenten sind die „Stromkiller“? Welche Richtlinien gibt es bereits heute, um vorhandene Klimaziele im Rechenzentrumsbereich umzusetzen?
Um diese Probleme in Angriff zu nehmen, haben das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) sowie das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) am 13. Juli ein sogenanntes „Sofortprogramm“ beschlossen, welches für Rechenzentren bestimmte Mindeststandards beim Neubau vorgibt. So darf zum Beispiel der PUE nur noch bei maximal 1,3 liegen und die Abwärme des Rechenzentrums muss zu 30 % anderweitig genutzt werden.
Ein erster Schritt in die richtige Richtung, oder was meinen Sie, Herr Schäfer?
Schäfer: Ein erster, vor allem so dringend notwendiger Schritt. Wenn wir bedenken, dass allein die Rechenzentrumsbranche für 0,8 Prozent der CO²-Gesamtemissionen in Deutschland verantwortlich ist und die Branche in den nächsten Jahren weiter wachsen wird, war es an der Zeit, dass sich die Politik einmischt.
Uns ist auch selbst bei laufenden Projekten aufgefallen, dass die Rechenzentrums-Betreiber aus eigenem Interesse häufiger nach den Themen Nachhaltigkeit und Einhaltungen von Klimazielen fragen. Denn die Auswirkungen des Klimawandels in Form von verstärkt auftretenden elementaren Risiken stellen Gefahren für den reibungslosen Betrieb Ihrer IT-Anlagen dar.
Was sind denn die Gründe für solch große CO²-Emissionen und wie lassen sich diese relativieren?
Schäfer: Eine Antwort auf diese Frage ist schlichtweg die Überdimensionierung. Und das bereits bei der Planung.
Wir erleben es trotz des Zeitalters der modernen Digitalisierung immer wieder, dass viele Infrastrukturen nicht an den tatsächlichen Bedarf angepasst sind. Schlecht ausgelastete oder veraltete Hardware, die Kühlung, Strom und Fläche verbraucht, zählen mit zu den größten „Energiefressern“. Hauptsächlich gehören dazu Kühlgeräte und USV-Anlagen.
Da kommt auch wieder der sogenannte „PUE-Wert“ zur Sprache. Dieser Wert setzt die insgesamt in einem Rechenzentrum verbrauchte Energie ins Verhältnis mit der Energieaufnahme der IT-Infrastruktur. Der festgesetzte PUE-Wert des Sofortprogramms von 1,3 ist eine sportliche Vorgabe und kann nur mit dem Einsatz ressourcenschonender Anlagen und einer detailgenauen Planung erreicht werden.
Die Abwärme der Rechenzentren soll anderweitig genutzt werden und das sogar zu 30 %. Wie ist dies möglich und kann es sich gewinnbringend äußern?
Schäfer: Es gibt verschiedene Möglichkeiten die Abwärme der Rechenzentren zu nutzen. Dazu hat auch der eco-Verband einen Whitepaper herausgebracht, der wesentliche Informationen beinhaltet.
So kann man zum Beispiel die Wärme in vorhandene oder neu zu installierende Nah- oder Fernwärmenetze einspeisen, die Wärme in Anlagen der Nachbarschaft integrieren oder sie direkt im eigenen Gebäude nutzen. All diese Varianten sind oftmals in der Installation und in der Beschaffung der Endgeräte sehr kostenintensiv und müssten dringend weiter ausgebaut werden. Ebenso müssten weitere Nutzungsmöglichkeiten wie zum Beispiel in der Landwirtschaft geschaffen werden. Vor allem die Politik sollte hier mehr auf Förderung der einzelnen Unternehmen setzen. Einen kleinen Ansatz hierfür liefert das Förderprogramm Wärmenetze 4.0, aber gerade auch aufgrund der in Deutschland drohenden Gasknappheit, sollte es für die Politik umso interessanter sein, die Abwärme der Rechenzentren in Wohnhäusern und Co. zu nutzen. Die Einspeisung in öffentliche und private Fernwärmenetze wäre ein direkter Beitrag zur Grundversorgung der Bevölkerung. Außerdem könnte gleichzeitig die Energiebilanz der stark wachsenden Rechenzentrums-Branche deutlich verbessert werden. Dies wäre für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation.
Wie kann ich denn jetzt als Rechenzentrumsbetreiber „beweisen“, dass ich den Klimazielen entspreche?
Schäfer: Seit dem Jahr 2011 gibt es bereits den Blauen Engel für den Rechenzentrumsbetrieb und seit 2020 auch für Co-Location Rechenzentren. Weltweit ist es das erste Umweltzeichen, das auch Rechenzentren auszeichnet. Immer wieder werden die Anforderungen überprüft und dem aktuellen Stand der Technik angepasst. Das fortlaufende Forschungsvorhaben des Umweltbundesamtes „Weiterentwicklung Blauer Engel für Rechenzentren“ soll diese beiden Auszeichnung zu einer zusammenführen und wird voraussichtlich Anfang 2023 veröffentlicht.
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